Steht ein wichtiger Entscheid in Ihrer Karriereplanung an? Wissen Sie nicht, wohin es beruflich gehen soll? Brauchen Sie eine Standortbestimmung oder benötigen Sie Unterstützung bei der Stellensuche? Erfahren Sie von Laufbahn- und Karriereberater Jonas Probst, worauf es bei einer Beratung ankommt und wie diese verläuft.
Jonas, wann ist der richtige Zeitpunkt für eine Laufbahn- und Karriereberatung (LKB)?
Der richtige Zeitpunkt ist sehr individuell. Zentral ist, dass man sich regelmässig mit seiner eigenen Laufbahn beschäftigt und dies nicht nur reaktiv, sondern auch proaktiv, wenn vermeintlich alles gut läuft.
Angenommen, ich beschäftige mich aktiv mit meiner beruflichen Laufbahn und entscheide mich für eine LKB. Mit wie vielen Sitzungen muss ich rechnen?
Die Wissenschaft spricht eine klare Sprache. Vier bis sechs Beratungssequenzen sind das höchste der Gefühle, danach flacht der Mehrwert ab. Wenn es nach mir ginge, würde ich jeder Person eine vertrauenswürdige Laufbahnberaterin oder einen vertrauenswürdigen Laufbahnberater empfehlen,
welche sie oder welchen er jederzeit konsultieren kann. Denn mal braucht es innerhalb von drei Monaten vier Gespräche, mal finden zwei Jahre keine Beratungen statt. Dafür tauscht man sich hin und wieder über den Stand der Dinge telefonisch oder per E-Mail aus.
«Die Idealvorstellung für mich wäre: Jeder hat seine vertrauenswürdige Laufbahnberaterin, zu dem er theoretisch jederzeit gehen kann.»
Das klingt nach einem spannenden Ansatz und unterstützt deine Aussage, dass man sich regelmässig mit seiner eigenen Laufbahn beschäftigen sollte. Doch was dürfen sich unsere Mitglieder von einer Laufbahn- und Karriereberatung erhoffen?
Unabhängig vom Thema dürfen sie erwarten, dass wir sie umfassend bei den Anliegen vom leisen Zweifel bis zur erwünschten Wirkung und darüber hinaus begleiten.
Welche Ratschläge gibst du deinen Kunden mit auf den Weg?
Mit Ratschlägen sollte man sparsam umgehen. Ich bevorzuge in der Regel, gemeinsam mit den Kunden Optionen für konkrete «Actions» zu erarbeiten, die sie selbstständig und in ihrem Tempo prüfen können.
Welches ist dein persönlich grösster Erfolg als Laufbahn- und Karriereberater?
Einen einzelnen Erfolg zu nennen, wäre nicht angebracht. Ich bin immer dann sehr zufrieden, wenn ich von den Menschen Feedback erhalte, dass sie beispielsweise eine zufriedenstellende Arbeit oder eine für sie passende Aus- oder Weiterbildung gefunden haben. Der mit Abstand grösste Anteil an diesen Erfolgserlebnissen liegt jedoch nicht bei mir, sondern beim Kunden selbst, der unter anderem mit Willen, Zeitaufwand, Überzeugung sowie Ref lexion selbst sein gestecktes Ziel erreicht hat.
Hast du auch Situationen erlebt, wo du nicht weiterhelfen konntest? Das gab es durchaus und wird es immer geben. Wir Laufbahnberatenden stehen in der Pflicht, früh die Notbremse zu ziehen. Es gibt genügend Forschung, die zeigt, dass für eine erfolgreiche Beratung vor allem die zwischenmenschliche Beziehung zentral ist. Online-Partnervermittlungen oder Streamingdienste nutzen Algorithmen, welche die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass man zusammenfindet oder eine für sich passende Serie anschaut. Ein ähnliches Szenario eines Matchings zwischen Berater und Kunde ist ein Lösungsansatz, der in der Berufs-, Studien- und Laufbahnberatungspraxis in den nächsten Jahren verstärkt vorkommen wird.
Deine Philosophie …
Vereinfacht gesagt hat eine Beratung drei Phasen. Erkunden, Verstehen und «Action». Oftmals, und das passiert auch mir immer wieder, investiert man zu wenig Zeit in die ersten zwei Phasen. Hat man das Anliegen des Kunden wirklich erfasst? Auch sehr wichtig ist für mich, dass der Kunde nach jedem Gespräch konkrete und umsetzbare «Actions» selbständig und in seinem Tempo für sich überprüfen kann. Letztlich versuche ich, eine Art lebenslanger Begleiter zu sein, der bei Bedarf jederzeit verfügbar ist und sich auch nicht zu schade ist, sein breites Netzwerk zu KMU und Grossunternehmen für eine allfällige Jobsuche dem Kunden zur Verfügung zu stellen.
Aus deiner Erfahrung: Was macht im Job glücklich?
Anstelle der Anstrengung, nach Glück im Job zu suchen, kann es durchaus hilfreich sein, kleine Dinge, die einen im Job unglücklich machen, versuchen zu verändern. Dies kann beispielsweise Lärm im Büro sein, ein flackender Bildschirm, schlechter Kaffee oder auch ein klärendes Gespräch mit einem Arbeitskollegen. Lassen es die Rahmenbedingungen des Arbeitgebers nicht zu, diese individuellen Unglücksmacher zu verändern, ist ein Jobwechsel eine berechtigte Alternative.