Datenpooling als Chance

Bereitschaft von Unternehmen zum Datenpooling

Studie zum Einsatz von People Analytics in KMU (Erschienen im Juni 2022 im personalSCHWEIZ)

Die zentralen Herausforderungen von KMU und Grossunternehmen rund ums Personalwesen sind sehr ähnlich. People Analytics kann Unterstützung bieten. Der Beitrag zeigt, wie auch KMU, die gegenüber den Grossunternehmen weniger Daten und Ressourcen für den Auf- und Ausbau von People Analytics haben, davon profitieren können. Das Zauberwort heisst «Datenpooling».

KMU und Grossunternehmen haben im Personalwesen die gleichen Herausforderungen. Sie müssen qualifizierte Mitarbeitende anziehen, entwickeln und binden. Für diese Herausforderungen liefert People Analytics dort faktenbasierte Entscheidungsgrundlagen und Vorhersagen, wo es bisher nur klassische HR-Kennzahlen und «Bauchgefühl» gab. Im Vergleich zu Grossunternehmen haben KMU jedoch oftmals besondere Herausforderungen bei diesem Thema: Sie haben insgesamt weniger Daten und häufig weniger Ressourcen, um die notwendige Dateninfrastruktur und Expertise aufzubauen und den strategischen Nutzen von People Analytics zu realisieren.

In einem von der Innosuisse mit einem Innovationsscheck geförderten Pilotprojekt haben wir Ideen geprüft, wie für KMU der Zugang zu People Analytics vereinfacht werden kann. Dazu haben wir im Zeitraum von November 2021 bis Januar 2022 Personen aus Schweizer KMU und Grossunternehmen schriftlich und mündlich zu folgenden Inhalten befragt: (1) aktueller Stand der Nutzung von Daten und Analytics in der Personalarbeit in Schweizer KMU und Grossunternehmen, (2) aktuell drängendste Themen in der Personalarbeit und (3) grundsätzliche Bereitschaft der KMU, an einem Datenpooling teilzunehmen, welches Benchmarking und KMU-übergreifende Analysen ermöglicht.

Die wichtigsten Erkenntnisse im Überblick: Trend zum Ausbau von People Analytics bestätigt sich

Digitale Transformation und People Analytics gehen Hand in Hand: Je fortgeschrittener die digitale Transformation im Unternehmen ist, umso höher werden Wissen, Fähigkeiten, Datenqualität und Einsatz von People Analytics aktuell eingeschätzt, und umso optimistischer ist die Vorhersage des Einsatzes von fortgeschrittenen People-Analytics-Verfahren in zwei bis fünf Jahren.

Bereitschaft von Unternehmen zum Datenpooling

Aktuell ist die digitale Transformation jedoch nur teilweise fortgeschritten, dies gilt für Unternehmen aller Grössen. Zudem verfügt die Mehrheit der Unternehmen entweder nur teilweise oder über sehr wenig Wissen, Fähigkeiten und zeitliche Ressourcen für People Analytics. In Kleinstunternehmen fehlen ausserdem wahrgenommener Nutzen und Dringlichkeit, sich mit dem Thema zu befassen.

Eine weitere Herausforderung ist, dass HR-Daten oftmals nur teilweise oder gar nicht in ausreichender Qualität vorliegen. Während das Reporting von Personalstammdaten bereits Standard ist, werden Befragungsdaten vorwiegend für Analysen genutzt, Verhaltensdaten sind kaum und externe Daten wenig im Einsatz; diese Erkenntnisse sind unabhängig von der Unternehmensgrösse.

Der Trend zum Ausbau von People Analytics bestätigt sich. So planen in zwei bis fünf Jahren nahezu alle der befragtenUnternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitenden, People Analytics in irgendeiner Form zu nutzen (Reporting, Analyse, Prognose). Dabei sind die Grossunternehmen in fast allen Einsatzfeldern (Rekrutierung, Arbeitgeberattraktivität, Eintrittsprozess, Mitarbeitenden-Einsatzplanung, Personalentwicklung, Leistungssteuerung, Mitarbeitenden-Zufriedenheit, Austrittsbefragungen) Vorreiter, dicht gefolgt von den Unternehmen mit 250 bis 4999 Mitarbeitenden. Vor allem Kleinstunternehmen bleiben abgehängt. Diese haben überwiegend keine oder maximal eine Personalfachkraft und keine Unterstützung durch Personalsoftware.

People Analytics wird heute am häufigsten in den Bereichen Mitarbeitenden-Einsatz/Planung, Leistungssteuerung und Mitarbeitenden-Zufriedenheit eingesetzt. Die grösste Entwicklung Richtung prognostischer People Analytics wird in den nächsten zwei bis fünf Jahren in den Themen Arbeitgeberattraktivität, Personalentwicklung und Mitarbeitenden-Zufriedenheit gesehen. Aber auch Gesundheit wird als wichtiges Thema genannt.

Empfehlungen für Schweizer KMU: gemeinsam Fähigkeiten aufbauen und das Momentum der Digitalisierung nutzen

Auf Grundlage dieser Erkenntnisse empfehlen wir Schweizer KMU unabhängig davon, wo sie im digitalen Wandel aktuell stehen, diesen dafür zu nutzen, systematisch Daten für die Beantwortung ihrer strategischen Personalfragen zu sammeln, zu verknüpfen und durch geeignete Analytics-Methoden auszuwerten, um fundierte Entscheidungsgrundlagen zu erhalten. Um den Nachteil der geringeren Datenmengen und geringeren Ressourcen gegenüber Grossunternehmen ausgleichen zu können, lohnt sich für KMU die Teilnahme an einer gemeinschaftlichen Nutzung von Daten. Ein solches KMU-Datenpooling erlaubt die Beantwortung von KMU-übergreifenden Personalfragestellungen und gegenseitiges Benchmarking. Beispielfragen sind: Welche Faktoren machen Schweizer KMU zu attraktiven Arbeitgebern für Fachkräfte? Wie ist die Stimmung in Schweizer KMU nach zwei Jahren Pandemie, und welche Chancen und Risiken ergeben sich daraus? Wie fit fühlen sich Mitarbeitende von Schweizer KMU für den digitalen Wandel, und welche Massnahmen ihrer Arbeitgeber helfen dabei?

Aktuell herrscht hohe Unsicherheit beim Thema Datenpooling, wie die Abbildung zeigt.

Fazit und Ausblick

Mit unserer Pilotstudie haben wir einen ersten Schritt im Aufzeigen des Nutzens eines solchen KMU-Datenpools gemacht. Themen gibt es genügend, laut unserer Umfrage drehen sie sich vorwiegend um Fragen aus dem Bereich Human Capital Marketing (z.B. Arbeitgeberattraktivität, Bindung und Motivation von Mitarbeitenden, Rekrutierung von Fachkräften) und die damit einhergehende Digitalisierung von HR-Prozessen. HR möchte strategischer werden, und People Analytics ist ein wichtiger Schlüssel dazu.

Für die Pilotierung eines KMU-Datenpools wollen wir uns im nächsten Schritt mit interessierten KMU zusammentun. Gemeinsam wählen wir eine erste KMU-übergreifende Fragestellung aus, zu welcher die KMU Antworten finden und in der sie sich vergleichen möchten. Gemeinsam klären wir strategische, operative und rechtliche Fragestellungen und schaffen somit einen Wettbewerbsvorteil für KMU in der Gewinnung, Entwicklung und Bindung ihres Humankapitals. Interessierte KMU sind herzlich eingeladen, uns zu kontaktieren.

Tipp: HR-Verantwortlichen und strategischen Entscheidern, die sich mehr Know-how rund um People Analytics aneignen wollen, empfehlen wir die Teilnahme an Informations- und Netzwerkveranstaltungen von Swiss HR Analytics — einem Format, das halbjährlich kostenlos vom Veranstalter emplution organisiert wird. Mehr Informationen unter: https://swisshranalytics.ch/


Eckdaten schriftliche und mündliche Umfrage

  • Zielgruppe: vorwiegend KMU
  • Zugang: LinkedIn, persönliche Netzwerke
  • Zeitraum: 15. November – 6. Dezember 2021
  • 2 Sprachversionen (DE, FR)
  • 123 Teilnehmende (118 DE, 5 FR)
    - Unternehmensgrösse: 1 – 249 MA 45,5%, 250 – 4999 MA 35%, 5000+ MA 19,5%unterschiedliche Branchen (meistgenannte: 14,6% sonstige Dienstleistungen,
    - 13,8% Finanz- und Versicherungswesen und 9,8% öffentliche Verwaltung)
    - 59,3% ausschliesslich national tätig
    - ausfüllende Person: 22% VR oder GL, 54,3% HR, 23,7% andere
  • Aus diesem Teilnehmendenkreis wurden 8 ergänzende Interviews im Januar 2022 durch- geführt (im Durchschnitt ca. 40 Minuten).